Eine Krise der Imagination

Eine Krise der Imagination


Dieser Text enstand als Beitrag für das Programmheft zur Produktion “Dantons Tod” von Georg Büchner am Theater Phönix Linz. Premiere 21. September 2024.


“Wir haben nicht die Revolution, die Revolution hat uns gemacht”, gibt Danton irgendwann als Antwort auf die Aufforderung, er solle den Kampf gegen Robespierres Hardliner noch nicht verloren geben und sich und seine rhetorischen Fähigkeiten in Bewegung setzen. Und obwohl Revolution natürlich ein menschengemachtes Phänomen ist, und er sich mit dem Satz vor allem seinem aktuellen Gemüt hingibt, hat er auch recht damit. Revolutionen werden von Menschen angestoßen, Menschen werden von Revolutionen mitgerissen.

Dort finden wir uns wieder: im Nationalkonvent, dem Zuhause der Mitgerissenen. Gerade noch gemeinsam an vorderster Front offenbaren sich nun überall dort, wo sich der Staub des Kampfes legt, die Gräben. Erst jetzt wird das Feld, welches das gemeinsame revolutionäre Tun eröffnet hat, real. Und erst jetzt wird sichtbar, dass nun die Arbeit erst beginnt, das Feld muss bestellt werden.

Manche Dinge scheitern aufgrund eines Notstandes der Ideen. Öfters scheitern sie jedoch an einer Krise der Imagination. Denn es braucht Vorstellungskraft von allen, um ein solches Ding in sichere Fahrwasser, in trockene Tücher, in die Zukunft zu hieven. Die mannigfaltigen Ideen müssen zusammengedacht werden, um aus einem revolutionären zweidimensionalen Feld einen postrevolutionären dreidimensionalen Raum zu machen. In zwei Dimensionen kann man nicht gut atmen.